Donnerstag, 14. August 2008

Mahmud Darwish Lebt

Mahmud Darwish starb am 9.8.08, aber seine Gedichte und seine Prosa werden bleiben.
Als einer der ganz Großen der Weltliteratur wurde sein Name in Deutschland leider kaum ein Begriff, er war eben nur bekannt bei den arabischen Menschen und denen, die die Sache Palästina kannten und kennen.
Auf der Frankfurter Buchmesse 2004 waren wir Zeuge seiner Bekanntheit, wo Tausende auf seine Lesung warteten - kaum ein 'Deutscher' war darunter, auch hatte man ihm viel zu wenig Zeit eingeräumt. Dabei war schon der Klang seiner Worte ein Hörgenuß, nicht nur dass er so eindringlich dem palästinensischen Drama eine lebendige und sensible Stimme gab.
Ja, er war und ist ein politischer Dichter; aber nicht weil seine Worte propagandistisch vereinfachen, sondern weil sich in ihnen die Liebe zu seinem Land widerspiegelt, der Jasmin zu duften beginnt und die ganze Melancholie spürbar wird dessen, der im Exil ist, als Fremder im eigenen Land leben muss und die Bitterkeit erfährt, zu wissen dass seine Geschichte zerstört werden, seine Landschaft durch andere überformt, in Vergessenheit geraten wird.

Ich habe ihn im November 1988 in Kairo im Beiprogramm der Konferenz der Arabischen Liga zu Jerusalem erlebt (siehe Foto, die Verfasserin mit M. Darwish und S. Al Qassim). Seinen Gedichten und denen von Samih Al Qassim, einem anderen unter den bekannten palästinensischen Dichtern im Exil, lauschte die anwesende palästinensische Gemeinde hingebungsvoll, auch den Scherzen, die ihm trotz allem leicht fielen und auch seiner Traurigkeit. Jeder kennt sein Gedicht, das die Marginalisierung, die Heimatlosigkeit und die physische Bedrohung palästinensischer Identität beschreibt.

'Identitätskarte'

Schreib's auf, ich bin Araber!
Die Nummer meines Ausweises: 50.000
Zahl der Kinder: acht
Und das neunte kommt nach dem Sommer -
Bist Du wütend?

Schreib's auf, ich bin Araber!
Und schufte im Steinbruch mit den Kameraden
Für meine acht Kinder breche ich aus dem Felsen
Einen Laib Brot, Kleider und ein Schulheft
Ich bettele nicht um Almosen an deiner Tür
Und krieche nicht vor deiner Schwelle -
Bist Du wütend?
(...)

Also schreib's auf, oben auf der ersten Seite
Ich hasse die Menschen nicht und greife niemanden an
Aber wenn ich hungere, esse ich das Fleisch des Usurpators
Hüte dich, hüte dich vor meinem Hunger -
vor meiner Wut!

Der Titel unserer ersten Veröffentlichung war einer Zeile in einer seiner Erzählungen entlehnt: 'Die Erde habt Ihr uns genommen....